Als Abendschule wird eine Bildungseinrichtung bezeichnet, die sich vor allem auf die Aus- und Weiterbildung von berufstätigen Erwachsenen spezialisiert hat und deren Unterricht überwiegend in den Abendstunden, teilweise auch am Wochenende stattfindet. Zu ihr zählen klassischerweise Schulformen wie die Abendhauptschule (zur Erlangung des Hauptschulabschlusses), die Abendrealschule (zur Erlangung des Mittleren Schulabschlusses), das Abendgymnasium (zur Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife), Abend-Fachschulen, sowie die Technikerschule und Einrichtungen zum Erwerb des Meistertitels. Auch die Volkshochschule kann zu den Abendschulen gerechnet werden, da deren Kurse in der Regel ebenfalls hauptsächlich in den Abendstunden stattfinden. Berufliche Schulen können ebenfalls Bildungsgänge in Teilzeitform am Abend anbieten.
Wer aufgrund von Schichtdienst oder anderen Gegebenheiten regelmäßig keine festen Unterrichtszeiten wahrnehmen kann, für den sind Abitur Fernkurse die bessere Alternative zur Abendschule.
Auf dieser (Unter-)Seite möchten wir das Abendgymnasium als Abendschule näher vorstellen. Wenn wir im Folgenden an der ein oder anderen Stelle von der Abendschule sprechen, meinen wir das Abendgymnasium.
Das Abendgymnasium bietet berufstätigen Erwachsenen - in den letzten drei Schulhalbjahren wird keine Berufstätigkeit mehr gefordert - innerhalb von in der Regel drei Jahren die Möglichkeit, das Abitur nachzuholen bzw. abgesehen von Sachsen und Bayern auch die Fachhochschulreife zu erlangen. Aber auch wer einen Familienhaushalt führt oder arbeitslos ist, kann die Abendschule besuchen. Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Ex-Daimler-Chef Jürgen Schrempp und Ex-VW-Manager Peter Hartz haben beispielsweise an einem Abendgymnasium das Abitur nachgeholt.
Es gibt allgemein bildende Abendgymnasien und (nach unserem Wissen) auch ein berufliches AG in Deutschland (Berufliches Abendgymnasium der Volkshochschule Landkreis Konstanz e.V.).
Die Kultusministerkonferenz hat eine "Vereinbarung zur Gestaltung der Abendgymnasien" beschlossen, die die Rahmenbedingungen für den Bildungsgang vorgeben soll.
Voraussetzungen für den Eintritt in die Einführungsphase des Abendgymnasiums sind gemäß der KMK-Vereinbarung:
Für die zweijährige Berufstätigkeit kann eine durch Bescheinigung des Arbeitsamtes nachgewiesene Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden. Die Führung eines Familienhaushalts ist der Berufstätigkeit gleichgestellt. Anerkannt werden können auch Zeiten des Wehr- oder Zivildienstes, des Entwicklungsdienstes, des Freiwilligen sozialen und ökologischen Jahres (FSJ / FÖJ).
Wer keinen mittleren Schulabschluss besitzt, muss einen Vorkurs von mindestens halbjähriger Dauer besuchen. In diesem werden vor allem Deutsch, eine Fremdsprache und Mathematik unterrichtet. Die einzelnen Bundesländer können selbst darüber bestimmen, ob sie auch Prüfungen zur Aufnahme in den Vorkurs und zum Abschluss des Vorkurses durchführen. Zur Wissensauffrischung kann der Vorkurs auch freiwillig besucht werden.
Der Bildungsgang an Abendgymnasien gliedert sich in eine einjährige Einführungsphase und eine nachfolgende zweijährige Qualifikationsphase. Dementsprechend dauert das Abitur nachholen an dieser Abendschule mit mittlerem Schulabschluss drei, ohne bis zu vier Jahre (durch den Besuch des Vorkurses). Die Fachhochschulreife gibt es im günstigsten Fall ein Jahr schneller als das Abitur. Wer bereits über die Fachhochschulreife oder einen ähnlichen Bildungsstand verfügt, kann unter Umständen direkt in die Qualifikationsphase eintreten und somit die Einführungsphase überspringen. Dann dauert der Weg bis zum Abitur bestenfalls nur zwei Jahre.
Der Besuch von Abendgymnasien in öffentlicher Trägerschaft ist im Gegensatz zu privaten Abendschulen schulgeldfrei. Eine Vielzahl der Bundesländer hat zusätzlich Lernmittelfreiheit festgelegt. Das bedeutet, dass Lehrbücher und ein Großteil der Unterrichtsmaterialien als Leihexemplare ohne Gebühr zur Verfügung gestellt werden. Manche erheben aber einen Selbstbeschaffungsanteil und Gebühren für Kopien. Darüber hinaus entstehen am Abendgymnasium noch Kosten für individuelle Arbeitsmittel, Studienreisen, ec.
Für den Besuch eines Abendgymnasiums in öffentlicher Trägerschaft oder einer genehmigten Ersatzschule wird BAföG für die letzten drei Semester (Schulhalbjahre) vor der Abiturprüfung geleistet, wenn die Auszubildenden von der Verpflichtung zur Ausübung einer Berufstätigkeit befreit sind. Die Förderung wird als Vollzuschuss und elternunabhängig gewährt.
Der Abendschulbesuch (und ein anschließendes Studium) können aber auch über Stiftungen bzw. Stipendien finanziert werden. Das gilt in der Regel auch für Ausländer. Die Voraussetzungen dafür sind aber ganz unterschiedlich, so gibt es beispielsweise weltanschaulich-politische Stiftungen oder begabtenorientierte Stiftungen. Eines ist aber bei allen gleich: Engagement und Leistungsbereitschaft sind wichtige Kriterien, um Förderungen zu erhalten. Ein Beispiel ist die Hans-Böckler-Stiftung, die Stipendien für das Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg vergibt.
In der Qualifikationsphase müssen mindestens 20 Wochenstunden Unterricht am Abendgymnasium eingeplant werden, der manchmal auch am Wochenende stattfinden kann. Der Unterricht wird in den meisten Fächern auf grundlegendem Anforderungsniveau und einigen auf erhöhtem Anforderungsniveau (mindestens vierstündig) erteilt. Die Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache werden mindestens dreistündig unterrichtet.
In der Einführungsphase sind für alle Deutsch, zwei Fremdsprachen, ein Fach aus dem gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld, Mathematik und eine Naturwissenschaft Pflicht-Fächer.
In der Qualifikationsphase sind mindestens zu belegen:
Zwei bis vier Fächer sind in der Qualifikationsphase auf erhöhtem Anforderungsniveau über vier Schulhalbjahre zu belegen. Die Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau werden mindestens vierstündig unterrichtet, bei zwei Fächern auf erhöhtem Anforderungsniveau mindestens fünfstündig unterrichtet. Mindestens eines der Fächer Deutsch, Mathematik, eine fortgeführte Fremdsprache oder eine Naturwissenschaft ist auf erhöhtem Anforderungsniveau zu belegen.
Die Abiturprüfung am Abendgymnasium umfasst vier oder fünf Prüfungsfächer. Verpflichtend sind mindestens drei schriftliche und mindestens eine mündliche Prüfung. Unter den Prüfungsfächern müssen sich befinden:
Weitere gewählte Prüfungsfächer können nur solche sein, die in der Qualifikationsphase durchgängig belegt wurden.
Sollten Fehler in der Prüfung auftreten, ist es möglich diese anzufechten.
Die Leistungen der vier Schulhalbjahre der Qualifikationsphase und die Leistungen der Abiturprüfung werden für die Abitur Gesamtqualifikation in ein Verhältnis von 2:1 gesetzt.
Die Klassenstärke an einer Abendschule beträgt in der Regel 15 bis 20 Schüler. Dadurch kann sich der Lehrer besser und intensiver auf die Schüler einstellen.
Schuljahr und Schulferien entsprechen bei Abendgymnasien den allgemeinen Ferienregelungen der Bundesländer. Neue Kurse werden zu Schuljahresanfang eingerichtet, an wenigen Abendgymnasien auch semesterweise, also halbjährlich. Die Bundesländer legen die Bewerbungsfristen gesondert fest. Der Wechsel in eine andere Einrichtung des Zweiten Bildungsweges ist zum Beginn eines Semesters (Schulhalbjahres) möglich. Eine Unterbrechung des Abitur nachmachen am Abendgymnasium wird bei triftigen Gründen auf Antrag normalerweise ein bis zwei Jahre lang gewährt. Grundsätzlich gilt Teilnahmepflicht an den Unterrichtsstunden. Bei regelmäßiger Nichtanwesenheit kann man von der Hörerliste gestrichen werden und den BAföG-Anspruch verlieren. Genau wie an anderen Schulen stützt sich die Leistungsermittlung auf Mitarbeit im Unterricht, schriftliche Lernzielkontrollen (Tests) und Klausuren.
Da in Baden-Württemberg der zweite Bildungsweg privatisiert wurde, existieren dort auch keine staatlichen Abendgymnasien mehr. Daraus ergibt sich, dass der Unterricht dementsprechend veranschlagt werden muss. Seit dem Schuljahr 2005/2006 wurden die Mittel für private Schulen eingeschränkt, sodass sich der momentane Satz bei etwa 50 € / Monat befindet. Auch in Bayern gibt es neben mehreren privaten Abendgymnasien nur eine einzige öffentliche und damit kostenlose Schule, und zwar in München, die von der Landeshauptstadt München unterhalten wird.