Besonders befähigte Berufstätige, "die auf Grund ihrer Begabung, ihrer Persönlichkeit und ihrer Vorbildung für ein Hochschulstudium in Frage kommen", können gemäß einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 27./28.05.1982 durch eine erfolgreiche Prüfung (mit mehreren Einzelprüfungen) ein von allen deutschen Bundesländern gegenseitig anerkanntes Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) erwerben.
Die Länder können diese Begabtenprüfung anbieten, müssen es aber nicht. Derzeit machen nur noch 5 von der Möglichkeit Gebrauch: Baden-Württemberg (juris-Abkürzung: HSchulBegabtPrV BW), Bayern (Begabtenprüfungsverordnung – BegPO), Berlin (Begabten-PrüfVO), Hessen (Dritter Abschnitt OAVO) und Mecklenburg-Vorpommern (BegabtenVO). Dementsprechend keine "Begabtenabiturprüfung" bieten Bremen[1], Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz[2], das Saarland[3], Sachsen, Sachsen-Anhalt[4], Schleswig-Holstein[5], Thüringen und Nordrhein-Westfalen[6] an.
Die Zulassung zur Begabtenprüfung unterliegt sehr strengen Bedingungen und kommt zusammenfassend für all diejenigen in Betracht, die nach längerer Berufstätigkeit studienrelevante Kenntnisse sowie Fähigkeiten erlangt haben und keinen schulischen Bildungsgang zum Abitur besuchen bzw. auch nicht an einer Nichtschülerabiturprüfung teilnehmen können.
Da es mittlerweile in allen Bundesländern möglich ist, ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung zu studieren (und auch eine allgemeine HZB zu erlangen), wird die Bedeutung des "Begabtenabiturs" wohl eher weiter zurückgehen als zunehmen. "Ideal" ist die Prüfung jedoch für langjährige Berufstätige, die bisher keine berufliche Aufstiegsfortbildung oder "gleichwertige Qualifizierung" - im Sinne der Erlangung einer allgemeinen HZB - besitzen und denen ein Schulbesuch zu lang oder die Nichtschülerabiturprüfung (2 Einzelprüfungen mehr, darunter werden auch 2 Fremdsprachen geprüft) zu umfangreich ist.
Derzeit ist die Begabtenprüfung die einzige in Deutschland bestehende Möglichkeit, um das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) mit Kenntnissen in nur einer Fremdsprache zu erwerben!
Die Prüfung für den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen wird in dem Bundesland abgelegt, in dem die Bewerberin/der Bewerber den ersten Wohnsitz hat. Zugelassen werden kann, wer:
Als berufliche Ausbildung nach Punkt 2 gelten:
Die selbständige Führung eines Familienhaushalts mit mindestens drei Personen, in Ausnahmefällen mit mindestens einer erziehungs- oder pflegebedürftigen Person, ist anderen Berufstätigkeiten gleichgestellt.
Nicht zur Begabtenprüfung zugelassen werden Bewerber, die bereits zwei erfolglose Versuche unternommen haben, die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife sowie die Fachhochschulreife zu erlangen[7]. Das gilt auch für eine Prüfung für die Zulassung zum Hochschulstudium ohne Reifezeugnis. Ferner werden Bewerberinnen und Bewerber nicht zugelassen, die eine fachgebundene Hochschulreife besitzen und die Möglichkeit haben, eine Ergänzungsprüfung zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife abzulegen.
Die Begabtenprüfung besteht aus zwei Prüfungsteilen, einem schriftlichen und einem mündlichen.
Gegenstände der vier- bis fünfstündigen schriftlichen Prüfung sind:
Gegenstände der mündlichen Prüfung sind:
Fächergruppe 1: Physik, Chemie, Biologie, Technik (soweit nach Landesrecht vorgesehen)
Fächergruppe 2: Gemeinschaftskunde (Bezeichnung nach der Regelung des jeweiligen Landes), Geschichte, Erdkunde, Wirtschaftslehre
Das vorsitzende Mitglied der Prüfungskommission bestimmt die Fächergruppe, aus der die Bewerberin/der Bewerber das Prüfungsfach wählt. Zu bestimmen ist diejenige Fächergruppe, die mit der Berufstätigkeit der Bewerberin/des Bewerbers am wenigsten im Zusammenhang steht, sondern sie im Sinne einer allgemeinen Grundbildung ergänzt.
Die weiteren Regelungen sind der KMK-Vereinbarung zu entnehmen.
Eine nicht bestandene Begabtenprüfung kann einmal wiederholt werden. Teilleistungen einer nicht bestandenen Prüfung werden dabei nicht auf die Wiederholungsprüfung angerechnet.
Genau wie bei einer Externenprüfung muss für die Zulassung zu einer Begabtenprüfung vorher keine Schule besucht werden. Die Vorbereitung auf die Prüfung erfolgt eigenständig. Insbesondere private Bildungseinrichtungen helfen bei der Prüfungsvorbereitung, indem sie entsprechende Lehrgänge anbieten. Auch Volkshochschulen können Angebote in dem Bereich haben.
Da die Hürden für die Zulassung zur Begabtenprüfung doch sehr hoch liegen, gibt es sicherlich für jeden in Deutschland genug Alternativen, um das Abitur nachzuholen. Da wäre beispielsweise die Nichtschülerabiturprüfung, auf die man sich auch im Selbststudium vorbereiten kann und die kaum "herausfordernde" Zulassungsvoraussetzungen besitzt. Hier werden acht Fächer geprüft, vier schriftlich (+ gegebenenfalls mündlich) und vier mündlich, darunter jedoch 2 Fremdsprachen. Ansonsten bestehen noch die ganz normalen Angebote am Abendgymnasium, Kolleg, Fachoberschule mit 13. Jahrgangsstufe, Berufsoberschule, beruflichen Gymnasium/Fachgymnasium, gymnasiale Oberstufe, usw. Lautet das eigentliche, anschließende Ziel Hochschulstudium, wäre auch der Hochschulzugang als beruflich qualifizierter Bewerber eine Option, sofern man unter die entsprechenden Regelungen fällt.
Fußnoten
[1] Die "Ordnung der Prüfung für den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen" ist am 31.07.2015 außer Kraft getreten.
[2] Durch Landesverordnung aufgehoben; Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz 2011 Nr. 20, S. 414
[3] Die "Prüfungsordnung - über den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen Vom 2. November 1987 geändert durch die Verordnung vom 15. Juli 2002 (Amtsbl. S. 1493)" wurde durch Gesetz vom 31. März 2004 (Amtsbl. S. 1037) aufgehoben.
[4] Die Feststellungsprüfung für den Hochschulzugang besonders befähigter Berufstätiger in Sachsen-Anhalt (§ 27 Abs. 4 HSG LSA) führt nur zu einer studiengangbezogenen Studienberechtigung und stellt keine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung dar (kein Studiengangwechsel möglich, gilt nur für diese Hochschule)!
[5] Die "Landesverordnung über die Prüfung für die Zulassung zum Hochschulstudium von besonders befähigten Berufstätigen (Begabtenprüfungsordnung - BegaPrO)" ist am 31.12.2009 außer Kraft getreten.
[6] Die "Verordnung über die Prüfung für den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen (Berufstätigen-Hochschulreifeprüfungsordnung - PO - BBA)" wurde aufgehoben mit Ablauf des 31.7.2021.
[7] Gemäß KMK-Vereinbarung können die Länder von dieser Regelung Ausnahmen zulassen.