Die in allen Bundesländern bis auf Bayern eingerichteten Beruflichen Gymnasien - in wenigen noch Fachgymnasien (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt) oder Berufliche Oberstufengymnasien (Saarland) genannt - sind Gymnasien in Aufbauform, die aufbauend auf einer Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe (Versetzung oder Mittlerer Schulabschluss mit Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe) in einem dreijährigen vollzeitschulischen Bildungsgang in verschiedenen Fachrichtungen mit einem beruflichen Schwerpunkt zur Allgemeinen Hochschulreife, dem Abitur, führen. Sie können durch das Angebot in beruflichen Schwerpunkten einen Teil der Berufsausbildung vermitteln oder den Abschluss in einem anerkannten Beruf (sogenannte doppeltqualifizierende Bildungsgänge) ermöglichen. In Baden-Württemberg gibt es auch Berufliche Gymnasien in sechsjähriger Aufbauform.
In Bayern gibt es kein Berufliches Gymnasium, dort gibt es als "Alternative" die Fachoberschule, kurz FOS, mit 13. Jahrgangsstufe.
An Beruflichen Gymnasien sind generell folgende Fachrichtungen mit den nachstehend aufgeführten Schwerpunkten möglich[*]:
Fachrichtung | Schwerpunkt |
---|---|
Wirtschaft | |
Technik | Metalltechnik/Maschinenbau |
Elektrotechnik | |
Bautechnik | |
Biologietechnik | |
Chemietechnik | |
Physiktechnik | |
Informationstechnik | |
Mechatronik | |
Umwelttechnik | |
Gestaltungs- und Medientechnik | |
Luftfahrttechnik | |
Technik und Management | |
Berufliche Informatik | Informatik |
Wirtschaftsinformatik | |
Technische Informatik | |
Ernährung | |
Agrarwirtschaft | |
Gesundheit und Soziales | Sozialpädagogik |
Pädagogik/Psychologie | |
Gesundheit/Pflege |
An Beruflichen Gymnasien bestehen in einzelnen Bundesländern über die eben aufgeführten Einrichtungen hinaus an einer begrenzten Anzahl von Schulen weitere Fachrichtungen und Schwerpunkte, deren Zeugnisse der Allgemeinen Hochschulreife gegenseitig anerkannt sind. Diese sind online auf den Seiten der Kultusministerkonferenz, kurz KMK, nachzulesen (Liste 2).
Aus den unterschiedlichen Fachrichtungen ergeben sich auch die spezifischen Bezeichnungen fürs Berufsgymnasium, wie zum Beispiel Wirtschaftsgymnasium (WG), Technisches Gymnasium (TG), Ernährungswissenschaftliches Gymnasium (EG), usw.
Für den Besuch des dreijährigen Beruflichen Gymnasiums / Fachgymnasiums wird der Mittlere Schulabschluss mit Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe, die Versetzung in die gymnasiale Oberstufe oder ein gleichwertiger Bildungsstand vorausgesetzt. Kenntnisse in einer zweiten Fremdsprache sind für die Aufnahme in die Einführungsphase nicht zwingend erforderlich.
Bewerber mit der Fachhochschulreife können unter Beibehaltung der Fachrichtung und unter Beachtung der Fremdsprachenvoraussetzungen in das erste Jahr der Qualifikationsphase des beruflichen Gymnasiums aufgenommen werden und das Abitur bereits in zwei Jahren erlangen. Wurde nur der schulische Teil der Fachhochschulreife in einem allgemein bildenden Bildungsgang erworben, so berechtigt dieser nicht zum Direkteinstieg in die Qualifikationsphase des Beruflichen Gymnasiums.
Mitunter gibt es an Beruflichen Gymnasien eine Altershöchstgrenze für die Aufnahme (in Berlin bspw. 19 Jahre, Ausnahme: besondere Härte). Diese kann sich in einigen Bundesländer aufgrund einer nach dem Mittleren Schulabschluss angeschlossenen Berufsausbildung auch erhöhen (beispielsweise ohne 18, mit 21). Fehlt in einem Bundesland eine Altersgrenze (zum Beispiel derzeit in Niedersachsen oder NRW), so ist das Berufliche Gymnasium eine durchaus interessante Möglichkeit um das Abitur in drei, günstigenfalls sogar in zwei, Jahren nachzuholen.
Das dreijährige Berufliche Gymnasium gliedert sich in eine einjährige Einführungs- (im Klassenverband) und eine zweijährige Qualifikationsphase. Die Verweildauer beträgt mindestens zwei und höchstens vier Jahre; sie kann um den für die Wiederholung einer nicht bestandenen Abiturprüfung erforderlichen Mindestzeitraum von einem halben oder einem Jahr überschritten werden.
Im Unterschied zum allgemein bildenden Gymnasium vermittelt das berufliche Gymnasium in der Oberstufe neben allgemein bildenden Inhalten (Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache sind für alle Pflicht; dazu Geschichte, mindestens eine Naturwissenschaft, ein künstlerisches Fach, Sport, Religionslehre/Ersatzfach) auch berufsbezogenen Unterricht. Das für die Beruflichen Gymnasien profilgebende berufsbezogene Fach ist dabei auf erhöhtem Anforderungsniveau zu unterrichten und schriftlich zu prüfen.
Alles weitere (Gestaltung, Gliederung, Fächerbelegung, Fremdsprachenregelung, Prüfungsverfahren, Prüfungsanforderungen etc.) ergibt sich aus der KMK-Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung ("Oberstufenvereinbarung") und den weiteren einschlägigen Vereinbarungen.
Die Ausbildung am Beruflichen Gymnasium endet mit der Abiturprüfung. Nach dem Bestehen der Abiturprüfung erhält der Schüler das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife, das zum Studium in allen Fachbereichen an Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen berechtigt.
Die Beruflichen Gymnasien bereiten auf fachrichtungsbezogene - aber auch auf alle anderen - Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen vor und bieten eine praxisorientierte Bildung für spätere qualifizierende Tätigkeiten in entsprechenden Berufen.
Das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife ist bundesweit anerkannt, wenn die Bedingungen der KMK-Oberstufenvereinbarung erfüllt sind und es sich um Schulen mit Fachrichtungen und Schwerpunkten handelt, die durch die Kultusministerkonferenz zugelassen sind.
Alternativ zum Studium ist selbstverständlich die Aufnahme einer Berufsausbildung möglich.
Auf Antrag kann frühestens nach dem Besuch von zwei Schulhalbjahren der Qualifikationsphase in allen Bundesländern bis auf Bayern (dort gibt es keine Berufliche Gymnasien) und Sachsen die Fachhochschulreife (schulischer Teil) erworben werden, wenn die erforderlichen Leistungen dafür erbracht wurden. Der berufsbezogene Teil muss für die vollständige Fachhochschulreife separat nachgewiesen werden.
Die Zeugnisse der Fachhochschulreife werden – außer in den Ländern Bayern und Sachsen – gegenseitig anerkannt. Das gilt auch für den schulischen Teil der Fachhochschulreife.
Der Besuch eines Beruflichen Gymnasiums kann durch elternabhängiges BAföG gefördert werden, wenn der Schüler nicht mehr bei seinen Eltern wohnt und notwendig auswärts untergebracht ist. § 11 Abs. 2a und 3 (Nummern 2 bis 4) BAföG enthalten Ausnahmen von der elternabhängigen Förderung, die gegebenenfalls zu prüfen sind.
Doppeltqualifizierende Bildungsgänge führen zur Allgemeinen Hochschulreife und zu einem beruflichen Abschluss nach Landesrecht. Sie schließen dementsprechend mit zwei getrennten Prüfungen ab, und zwar
Folgende berufliche Abschlüsse nach Landesrecht können derzeit neben dem Abitur in den doppeltqualifizierenden Bildungsgängen erworben werden:
Darüber hinaus können in einzelnen Ländern bestehende berufliche Abschlüsse nach Landesrecht an einer begrenzten Zahl von Einrichtungen erworben werden, die hier online einsehbar sind (Liste 4).
Fußnoten
[*] Geringfügige Abweichungen der länderspezifischen Bezeichnungen sind möglich.
[1] in NRW auch: Ingenieurassistent/-assistentin für
[2] in Bremen auch: Wirtschaftsassistent/-assistentin, Schwerpunkt Fremdsprachen.